· 

Chardonnay...ja bitte!

In den 80er und 90er Jahren gab es eine aus der amerikanischen Weinszene kommende Bezeichnung, welche die Abneigung gegenüber Chardonnay zum Ausdruck brachte: ABC.

Ein Akronym für: Anything but Chardonnay

Zu dieser Zeit war der Chardonnay in Amerika sehr in Mode. Doch feinsinnigen Weintrinkern war dieser Wein zu üppig, alkoholreich und vordergründig. Noch dazu war er oftmals förmlich vom Aroma des Barrique-Fasses (oder eben Barrique-Chips) erschlagen.

Ich erinnere mich selbst an eine Weinverkostung unseres Weinclubs (Interessenten hierfür bitte bei mir melden!), bei der wir zum Schluss keinen Wein mehr sehen konnten. Und das will was heißen!

Dabei sind die edelsten und teuersten Weißweine der Welt aus dieser Rebsorte: Chablis, die Premier Crus aus dem Burgund und last but not least: der Champagner, bei dem die Sorte neben Pinot noir und Pinot meunier (in Deutschland als Schwarzriesling bekannt) zugelassen ist.

Der Pinot gehört neben dem sog. Heunisch auch zu den „Eltern“ der Rebsorte. Interessanterweise schätzt man beim Pinot gerade die Feinheit des Rotweins. Abstammen soll der Chardonnay aus Vorderasien – hat sich dann aber v.a. im Burgund ausgebreitet, um schließlich einen Siegeszug rund um die Welt zu machen.

Und so ist der Chardonnay nun die meistangebaute Rebsorte für Weißweine auf der Welt. In Deutschland ist sie erst seit 1991 zugelassen. In Österreich hingegen gibt es sie schon länger, wobei man sagen muss, dass die Österreicher nicht groß zwischen der fast gleich aussehenden Weißburgunderrebe und dem Chardonnay unterschieden haben. In Österreich wird der Chardonnay auch z.T. Morillon genannt, weil man davon ausging, dass die Reben aus dem burgundischen Morillon kamen.

Der Chardonnay wächst überall auf der Welt, wo es eben Wein gibt. Kalkiger Untergrund gilt jedoch als besonders geeignet für die Sorte, wie es z.B. im Burgund der Fall ist. Viele Winzer stellen daher häufig in der Namensgebung den Kalk als Bodenformation heraus.

Chardonnay ist sehr wandlungsfähig, ohne jedoch seine Typizität zu verraten. Nimmt man z.B. steirischen Morillon, der noch dazu im Stahltank ausgebaut ist, bekommt man einen eher frischen Wein, der nach frischen Äpfeln oder Wiesenblumen erinnern kann. Das entspricht nicht unbedingt dem Geschmacksbild, das man sich weltweit von einem Chardonnay erwartet, kann aber sehr animierend sein. Bei entsprechender Reife werden diese eher grünen Töne von wunderbar reifen Frucht-Aromen a la Honigmelone, reifer Birne oder Mango abgewechselt.

Der Chardonnay bietet dem Winzer im Keller viele veredelnde Kellertechniken. Sein leicht nussiges Aroma, passt in der Tat wunderbar zu Kellertechnologien wie Battonage, biologischer Säureabbau und Barrique-Einsatz.

Battonage: hier wird die Hefe nach vollzogener Gärung beim Wein  belassen und gelegentlich aufgerührt. Dabei lösen sich feinste Hefeartikel im Wein auf und sorgen für einen volleren Körper und ein leicht cremiges Mundgefühl.

Das Barrique wiederum macht aus den nussigen Aromen die klassische Nussbutter.

Insbesondere wenn der Wein noch einen biologischen Säureabbau (BSA) durchläuft.

Biologischer Säureabbau: Im Wein sind im Wesentlichen Wein- und Apfelsäure enthalten. Beim Biologischen Säureabbau wird in einer zweiten Gärung die aggressivere Apfelsäure in Milchsäure umgebaut, welche milder am Gaumen wirkt. BSA passiert manchmal auch ungewollt. Ansonsten wird der gegorene Wein mit Milchsäure-Bakterien geimpft.

Positiver Nebeneffekt: der Wein ist haltbarer, was dazu führt, dass weniger Schwefeldioxid notwendig ist.

Der biologische Säureabbau (auch Malolaktik genannt) bringt dem Wein aufgrund seiner Milchsäure-Bakterien buttrige Noten.

Es gibt nicht nur BBB-Chardonnays (Battonage, Barrique, BSA) und frische Morillons. Dazwischen gibt es Winzer, welche die entsprechenden Kellertechniken kombinieren. Die Winzer scheinen erkannt zu haben, dass zu holzige und üppige Weine bei dem Gros der Konsumenten nicht mehr gefragt sind. Und so bekommt man mittlerweile elegante Vertreter, die ein hohes Maß an Komplexität besitzen. Als Gegenspieler zur Cremigkeit, tut dem Wein eine gewisse Mineralik gut. Das macht ihn trinkiger und eleganter.

Ich liebe Chardonnays zur herbstlich-winterlichen Küche. Karamellisierte Kürbisaromen, geröstete und nussige Aromen, aber auch buttrige oder Sahnige Saucen passen wunderbar zum Chardonnay. Und Krustentiere mit seinen süßlichen Assoziationen harmonieren ebenfalls aufs Beste.

 

Also: werde ich heute gefragt, ob ich Chardonnay will, so sage ich „bitte, gerne“ anstatt „ABC“.